Kriechströme am Kühlcontainer
Auf schleichende Risiken, die von auf den ersten Blick sicher scheinenden elektrisch betriebenen Kühlcontainern ausgehen, machen deutsche Behörden in Hamburg aufmerksam. Ein Hafenarbeiter bekam beim Wechseln auf den Bordanschluss einen Stromschlag. Feuchtigkeit war in den Schaltkasten gedrungen.
Der Hafenarbeiter wollte einen an Deck gestauten Kühlcontainer an die schiffsseitige Stromversorgung anschliessen. Er begab sich zu diesem Zweck mit dem Stecker des wie üblich am Container montierten Stromkabels zum nächstgelegenen, unterhalb des Lukensülls befindlichen Anschluss-/Schaltkasten. Als der Hafenarbeiter dabei war, den Stecker des Kabels in die Steckdose einzuführen, kam es plötzlich zu einem Lichtblitz. Er verspürte einen leichten Stromschlag, war aber in der Lage, den Ort des Geschehens aus eigener Kraft zu verlassen und seinen Vorabeiter über das Ereignis zu informieren. Bereits kurze Zeit später war die Besatzung eines Rettungswagens vor Ort und untersuchte den äusserlich unverletzten Hafenarbeiter. Abgesehen von einem vorübergehenden leichten Schockzustand habe das Ereignis keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Folge gehabt, sagen die Unfallexperten.
Den Untersuchungen der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchungen (BSU) zufolge war eine Gummidichtung des mit einem verschraubten Deckel fest verschlossenen Schaltkastengehäuses schadhaft und verhinderte daher das Eindringen von Feuchtigkeit in das Innere des Schaltkastens nur noch unzureichend.
In dem Gehäuse kam es dadurch zu einer sogenannten, einen Fehlerstrom auslösenden Kriechstreckenbildung. Der PE-Leiter (Erdungsanschluss) war durch Korrosion und/oder Wackelkontakt in seiner Funktionsfähigkeit stark beeinträchtigt.
Der durch die Kriechstreckenbildung entstandene Fehlerstrom wurde daher nicht (ausschliesslich) direkt über den PE-Leiter in Richtung Schiffskörper abgeführt. Stattdessen floss der Fehlerstrom während der Berührung des Schaltkastengehäuses zumindest zum Teil durch den Körper des Hafenarbeiters, der dadurch den Stromschlag erlitt.
Stichproben an Bord des Schiffes ergaben, dass weitere Anschluss-/Schaltkästen vergleichbare Mängel aufwiesen. Im Verlauf der Untersuchung erhielt die BSU Kenntnis von ähnlichen Ereignissen, bei denen es allein im Hafen Hamburg auf fünf verschiedenen Containerschiffen anderer Reedereien anlässlich des Anschliessens von Kühlcontainern zu vergleichbaren Gesundheitsgefährdungen von Hafenarbeitern gekommen war.
Allen Fällen war glücklicherweise gemein, dass die betroffenen Personen keine schwerwiegenden Verletzungen erlitten. Zu vermuten ist daher, dass es in den Häfen dieser Welt häufig zu gefährlichen Vorkommnissen im Zusammenhang mit dem Anschliessen von Kühlcontainern kommt, diese aber wegen ihres glimpflichen Ausgangs nicht gemeldet und dementsprechend auch nicht vertieft untersucht werden. Dies wiederum dürfte ein entscheidender Grund dafür sein, dass die bordseitige Kontrolle und Wartung der entsprechenden Einrichtungen, aber auch deren stichprobenartige Inspektion durch Klassifikationsgesellschaften und Behörden offenbar nicht den Stellenwert besitzen, den sie bezogen auf die ernsthaften Gefahren, die von schadhaften elektrischen Anlagen ausgehen können, haben müssten.
Schiffsführer, Besatzungen, Betreiber, Hafenkontrolleure und Besichtiger der Klassifikations Gesellschaften sollten dies laut Empfehlung bei Planung, Durchführung und Dokumentation regelmässiger Kontrollen an Kühlcontainern beachten und in ihre Routine-Kontrollen an schiffsseitigen Instandhaltungssystemen miteinbeziehen. Als schadhaft erkannte Anschluss-/Schaltkästen sollten bis zur fachgerechten Instandsetzung sofort ausser Betrieb gesetzt werden. Inspektionen der Anschluss-Schaltkästen sollten durch ein landseitiges Serviceunternehmen in einem festen Rhythmus stattfinden.
Source: Logistics Innovation & Bilder BSU